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Romane

DEEPA ANAPPARA. DIE DETEKTIVE VOM BHOOT-BASAR

Rowohlt Verlag
 
Aus dem Englischen von pociao und Roberto de Hollanda

 
Der kleine Jai aus dem Basti* neben der großen Stadt ist leidenschaftlicher Fan bekannter Fernsehermittler. Daher wundert es nicht, dass er beschließt, der Sache auf den Grund zu gehen, die seine Nachbarschaft in Atem hält: Nach und nach verschwinden mehrere Kinder im Basti spurlos. Die Polizei bleibt unbeteiligt (und kassiert lieber Hafta* und Goldkettchen), die Hindu-Samah* nutzt die Vorfälle und hetzt gegen die muslimische Bevölkerung, die kleinen Leute wagen den Aufstand nicht, weil sie befürchten, dass die Regierung, der ihr Basti ohnehin ein Dorn im Auge ist, ihre Hütten niederbulldozert.
Mit seiner schlauen Freundin Pari und seinem muslimischen Freund Faiz streift Jai auf der Suche nach Spuren durch den riesigen, verschlungenen Bhoot-Basar. Gemeinsam mit dem liebenswerten Suchtrupp spähen wir in die ärmlichen, beengten Hütten, träumen von der HiFi-Welt, die sich hinter der stinkenden Müllkippe, auf der man N°1 und N°2 verrichten kann, glitzernd in den Himmel reckt, fahren mit der Purple Line in die große Stadt und lernen allerlei indisches Leben kennen.
Gezuckerte Fenchelsamen, Mangopulver, mit Kardamom bestrichene Süßkartoffeln, Samosas und Biryani ziehen sich durch den Text, aber auch Elend, Schmutz, Korruption und dichter Smog. Bis zum Schluss scheint vieles möglich, bis, ja, bis Runu-Didi verschwindet, Jais Schwester.
Ein durch und durch sympathisches Buch, dessen Autorin und Übersetzern es auf wundervolle Weise gelingt, uns eine wirklich fremde Welt näher zu bringen. Die erzählerische und stimmungsvolle Leichtigkeit ist umso bemerkenswerter, wenn man weiß, dass der Roman einen schrecklich wahren Hintergrund hat.
Wir sagen okay-tata-bye* und wünschen dir viel Glück, kleiner Jai! NC
 
* Mehr davon? Dann empfehlen wir das nützliche Glossar auf den letzten Seiten des Buches!
 
400 Seiten
€ 24,-

Davide Longo. Die jungen Bestien

Rowohlt Verlag

 

Vincenzo Arcadipane, piemontesischer Kommissar mit Potenzproblemen und unkontrollierbaren Weinkrämpfen, wird zu einem Massengrab gerufen, das auf der Neubaustrecke des Schnellzugs entdeckt wurde, doch wird er des Falls schneller enthoben als er ein Lakritzbonbon lutschen kann. Kurzerhand werden die Skelette als Kriegsopfer deklariert und sämtliche Beweisstücke eingezogen. Arcadipane ist skeptisch und wendet sich an seinen alten Chef Bramard, der aus der italinischen Geschichte heraus eigene Ideen zu den Hintergründen hat.

Als junger Polizist wurde er in den bleiernen Jahren der 1970er und 1980er in die politische Abteilung berufen und muss sich nun erneut mit den Zusammenhängen und Auswirkungen dieser Zeit auseinandersetzen, die bis in die Gegenwart reichen. Gemeinsam mit einer kalt gestellten jungen Kollegin schaffen Arcadipane und Bramard es, etwas Licht in die Geschichte zu bringen. Den politischen Verwicklungen stehen die privaten Probleme der Männer gegenüber, die von den Frauenfiguren mit Witz, Muße und Skurrilität konfrontiert werden.

Der Roman spielt auf zwei Zeitebenen und experimentiert mit den Leseerwartungen, indem er beispielsweise mehrere Prologe einschiebt. Dennoch ist man sogleich im Geschehen, da Davide Longo so eindringlich erzählt, dass man direkt auf der ersten Seite mit dem Kommissar und seinem Team im Regen steht und einem die Nässe durch die Kleidung dringt.

Zudem ist der Roman eine interessante Annährung an die jüngere, noch immer nicht aufgeklärte, Geschichte Italiens.

410 Seiten
€ 22,-

RONYA OTHMANN. DIE SOMMER

Hanser Verlag
 
Jedes Jahr im Sommer besucht Leyla ihre Großeltern in einem Dorf in Nordsyrien. Wie ihr Vater sind sie kurdische Jesiden. Das Dorf liegt nahe der türkischen Grenze. Die Dorfbewohner sind der Grenzpolizei ausgesetzt, ihrer Willkür und militärischen Präsenz. Leyla fühlt sich jeden Sommer wie eine Prinzessin auf Staatsbesuch. In ihren sauberen Kleidern klebt nach wenigen Stunden der ewige Staub der nordsyrischen Felder. Sie kennt die Schlaglöcher des Dorfes nicht und verliert dadurch bei jedem Kinderspiel, bei dem es ums schnelle Davonkommen geht. Leyla lebt eigentlich in Süddeutschland und durchläuft dort eine normale Mittelschichtsskindheit und -jugend. Doch die Familiengeschichte, die vor allem die Fluchtgeschichte des Vaters ist, kann und darf sie nicht loslassen, weil sie fester Teil ihrer Existenz ist. Der Vater verließ das kleine Grenzdorf, weil er sich weigerte als Spion zu arbeiten. Es folgte: Flucht, Gefangennahme, Folter. Dann Freikommen und Ankommen, das Gründen einer Familie in Deutschland. Doch der Vater ist gebrochen, sitzt Tag und Nacht vor dem Fernseher. Als 2014 der IS Tausende Jesiden tötet und verfolgt, fasst Leyla einen Entschluss.
Ronya Othmanns Roman ist ein Zeugnis von Krieg und Flucht, gleichzeitig eine Erzählung die diese Ereignisse innerhalb des Organismus einer Familie eindringlich beleuchtet. Eine innige Liebe verbindet Leyla mit der Großmutter. In kleinen intensiven Szenen lebt diese Verbindung auf, wird eingefangen in der Bewältigung des kärglichen Alltags im Dorf. Leylas Ohnmacht den politischen Zuständen gegenüber, ihre Entfremdung vom geliebten Vater sowie persönliche Autonomiebestrebungen – all das ist in einem scheinbar nur beschreibenden Ton erzählt. Doch sind es gerade die Schlupflöcher in der Lakonie durch welche das lesende Auge ins bewegte Innenleben der Figuren blickt. Dass der Roman ohne Ironie und vorgeschobenen Subjektivismus auskommt – das macht ihn zu einem bemerkenswerten Romandebüt der jungen deutschsprachigen Gegenwartsliteratur. Tristan Wagner
 
288 Seiten
€ 22,-

BEN LERNER. DIE TOPEKA SCHULE

Suhrkamp Verlag

Aus dem amerikanischen Englisch von Nikolaus Stingl

Zu Beginn des Romans sitzt Adam Gordon, ein redegewandter Highschool-Absolvent, eigentlich romantisch, mit seiner Freundin in einem Boot, hält ihr eine Rede und merkt nicht, wie sie ihm buchstäblich entgleitet. Sie verlässt das Boot und schwimmt an Land, was ihm erst auffällt, als er seinen Vortrag beendet hat und dessen Wirkung auf sie sehen möchte. Fast empört macht er sich auf die Suche nach ihr, zu guter Letzt auch noch im falschen Haus, ein Umstand, der ihm erschreckend spät auffällt, nämlich auf der Toilette im unvertraut wirkenden Badezimmer ihres vermeintlichen Zuhauses.

Dies ist eine gewitzte Einführung in eines der Hauptthemen dieses Romans – die Sprache. Hier als ungeeignetes Mittel männlicher Selbstprofilierung, in späteren Kapiteln als Mittel der Gewalt, der Verständigung und der politischen Rhetorik, die Inhalte nebensächlich werden lässt.

Ben Lerner, Sohn der bekannten feministischen Psychotherapeutin Harriet Lerner und vor allem als Lyriker bekannt, zeichnet in seinem dritten autofiktionalen Roman mit viel Selbstironie ein Bild der weißen US-amerikanischen Mittel- und Oberschicht in den 1990er Jahren, die er als Wegbereiter für die heutige politische Situation in den USA ausmacht. Zugleich erzählt er eine berührende Familiengeschichte, die Hoffnung auf positive Veränderungen erlaubt und bleibt sich dabei stets bewusst, dass er nur für einen bestimmten, privilegierten Teil der Gesellschaft sprechen kann, dem er selbst entstammt. Und das ist nur ein Aspekt dieses spannenden Buches, das man gerne gleich nochmal lesen würde und über das man sich unbedingt mit anderen austauschen möchte. Sehr lesenswert. Christine Mathioszek

395 Seiten
€ 24,-

ANDREAS SCHÄFER. DAS GARTENZIMMER

Dumont Verlag
 
Ob eine Seele ein Haus hat – wer kann das wissen. Dass ein Haus eine Seele haben muss, leuchtet spätestens nach der Lektüre des Gartenzimmers ein.
Der Neoklassizismus haucht der Villa Rosen ihren Geist ein, später toben die eiskalten Stürme von Nationalsozialismus und Krieg durchs Gebälk, legen sich und frischen wieder auf, sodass dem jüngsten Bewohner des Hauses noch 50 Jahre später angst und bange wird. Aber die zugige Schönheit hat Charme und ist nicht undankbar. Ihrem Erbauer, dem jungen Architekten Max Taubert, bringt sie späten Ruhm, den Namensgebern, Adam und Elsa Rosen, ist sie lange ein sicheres Heim und bietet dem Philosophen Ruhe, der Dame von Gesellschaft eine Bühne. Eben das suchen in den Neunzigerjahren auch Hannah und Frieder Lekebusch mit Sohn Luis, die sich für das vor sich hin modernde Haus beinahe ruinieren, mit Erfolg: Sie erwecken die am Fluss der Zeit dösende geheimnisvolle Dahlemer Schöne wieder zum Leben. Aber mit dem Leben kehrt auch die Geschichte des Gartenzimmers zurück, und den jungen Luis schaudert es oft. Ein Brief aus dem Archiv des Architekten erklärt einiges – Luis fühlt sich beobachtet von Tausenden toten Kinderaugen. »In diesem Haus hat die Vergangenheit keinen Ort. Sie vergeht nicht. Alles ist immer da. Gegenwärtig.«
Andreas Schäfer erzählt so eindringlich und anschaulich, dass man das Romanhafte bisweilen ausblendet und den Architekten nachschlägt. Rezensenten beschäftigten sich bereits mit der Frage, wer dem Roman Porträt saß. Mies van der Rohe? Sein Landhaus Riehl in Potsdam? Sicher ist, dass man sich gleich auf den Weg machen möchte, das Haus zu suchen. Denkmalgeschütztes Kleinod der Vormoderne. 280 m², 8 Zimmer, Baujahr 1909. Forststeig 4, Berlin-Dahlem, vielleicht gibt es die Villa ja doch. Norma Cassau
 
352 Seiten
€ 22,-

Guillermo Martinez. Der Fall Alice im Wunderland

Aus dem Spanischen von Angelica Ammar
Eichborn Verlag
 
Eine junge Oxforder Studentin Kristen findet zwischen den Papieren Lewis Carrolls eine Notiz, die eine Neubewertung der gesamten Forschung über den Schriftsteller erfordern würde. Doch bevor sie ihre Entdeckung publik machen kann, wird sie von einem Auto angefahren und liegt nicht ansprechbar im Krankenhaus. Es folgen Anschläge auf Mitglieder der Lewis-Carroll-Bruderschaft, woraufhin der Mathematikprofessor Arthur Seldom, selbst ein Angehöriger der Bruderschaft, und sein argentinischer Doktorand sich erneut an die detektivische Arbeit machen.
„Der Fall Alice im Wunderland“ ist ein klassischer „Whodunit“ und besonders reizvoll, da er sich auf tatsächliche Forschungsansätze zu Lewis Carroll bezieht, über den man hier nebenbei eine Menge erfährt, und es mühelos schafft, das Oxford der 1990er Jahre, einer Zeit ohne Mobiltelefone und Internet, so nostalgisch erscheinen zu lassen als bewege man sich in der Zeit Lord Peter Wimseys.
Ein sehr britischer Krimi des argentinischen Mathematikers und Schriftstellers Guillermo Martinez, der selbst in Oxford studiert hat und in der Tradition Agatha Christies und Arthur Conan Doyles schreibt. cm

314 Seiten
€ 16,-

Young-Ha Kim. Aufzeichnungen eines Serienmörders

Aus dem Koreanischen von Inwon Park
Cass Verlag
 
Byongsu Kim ist mit 70 Jahren Tierarzt im Ruhestand, Lyriker und Vater. Ach ja, fünfundzwanzig Jahre zuvor war er auch Serienmörder. Während es in seinem Landkreis eine neue Mordserie gibt, wird bei ihm eine schnell fortschreitende Demenz festgestellt.
Als er den Täter zu erkennen meint, von dem auch er sich durchschaut glaubt, setzt er es sich zur Aufgabe, ihn umzubringen, um seine Tochter zu retten, deren Leben er in Gefahr sieht.
Auf nur 152 Seiten folgt man den Anstrengungen des Mannes, in der Gegenwart verankert zu bleiben und liest mit Vergnügen seine Betrachtungen des Daseins, die interessante Parallelen zwischen Mord und Literatur ziehen. Sein letzter Auftrag wird zu einem Wettlauf mit der Zeit und sich selbst, da er zunehmend verunsichert ist, ob er sich auf seine Zuordnungen der Ereignisse noch verlassen kann. Das hält auch den Leser in Atem und führt zu unerwarteten Entwicklungen. In seiner Dichte und mit den philosophischen Einstreuungen des Erzählers sind diese Aufzeichnungen viel mehr als ein Krimi.
Zudem ist das Buch außergewöhnlich schön gestaltet und mit den Erinnerungen des Erzählers verblassen auch die Seitenzahlen im Verlauf des Buches. cm

152 Seiten
€ 20,-

Chris Kraus. Scherbentanz

Diogenes Verlag
 
Der wilde Debütroman des deutschen Filmemachers und Schriftstellers Chris Kraus ist eine Berg- und Talfahrt durch die Trümmer einer Familie aus wohlhabenden Milieu. Der 33-jährige Jesko von Solm, Sohn eines schwerreichen Zementfabrikanten, der nach furchtbaren familiären Verletzungen und Verwerfungen vor Jahren die Familie verlassen hat, kehrt notgedrungen wieder zurück auf der Suche nach seiner Mutter, die als einzige als Knochenmarkspenderin zur Behandlung seiner Leukämie in Frage kommt. Mit diesem existenziellen Impuls gerät er in einen Tumult alter seelischer Wunden, Geheimnissen und Verrücktheiten. Er wird konfrontiert mit der NS-Vergangenheit und dem Flüchtlingsschicksal und muss seine Stellung dazu finden. Das alles wird in einer lakonischen Sprache erzählt, die gelegentlich das Pathos nicht meidet, aber immer, selbst im Grotesken, realistisch bleibt. Das Ganze läuft auf einen filmreifen Showdown zu.
Im Nachwort zur Neuausgabe seines Erstlings erzählt der Autor, wie er damals mit seinem Freund Volker Schlöndorff zu Günter Grass fuhr und diese Begegnung zum Anlass für das vorliegende Buch wurde. Hinreißend erzählt! kp

256 Seiten
€ 22,-

Sebastian Barry.Tausend Monde

Aus dem Englischen von Hans-Christian Oeser
Steidl Verlag

 
Sebastian Barrys „Tausend Monde“ spielt im Amerika nach dem Bürgerkrieg Ende des 19. Jahrhunderts. Die beiden Unionssoldaten Thomas McNulty und John Cole haben sich auf einer Farm irgendwo in Tennessee niedergelassen. Mit im Schlepptau haben sie das Lakota-Mädchen Winona, deren gesamter Stamm ausgerottet wurde und das sie vom Schlachtfeld retteten. Aus Winonas Sicht wird nun die Geschichte erzählt: Wie sie versucht in einer ihr feindlich gesinnten Gesellschaft aufzuwachsen, wie sie ihr gefährdetes Erwachsenwerden und ihre erste Liebe findet und empfindet, wie sie für ihre Freunde und Ersatzfamilie einsteht. Barry schafft es, wie auch in seinem Vorgänger „Tage ohne Ende“ einen lässigen, aber bildgewaltigen Ton für diese jugendliche Perspektive zu finden, die inmitten einer konkreten historischen Situation sehr universell wirkt. Stellenweise erinnert er dabei an moderne amerikanische Klassiker wie J.D. Salinger oder William Melvin Kelley. Barrys Sprache ist intensiv, episch und von Humor und Suspense getränkt. Er verbindet in „Tausend Monde“ kunstvoll die Angelegenheiten eines Coming-of-Age Romans mit einer sorgsam aufpolierten Ästhetik des klassischen Westerns. Und das auf sehr unterhaltsame und noch dazu informative Weise! tw

256 Seiten
€ 24,-

Thilo Krause. Elbwärts

Hanser Verlag
 
Das Buch "Elbwärts" von Lyriker und Romanautor Thilo Krause führt ins Sachsen der späten DDR zu zwei unzertrennlichen Jugendfreunden. Ihre Leidenschaft ist das Klettern in den Sandsteinriffen der umliegenden Wälder. Bis einer vom Felsen stürzt ­ die Behinderung des einen und das Schuldgefühl des anderen bleiben.
Später, nach der Wiedervereinigung und im Erwachsenenalter, kehrt der Ich-Erzähler mit der neugegründeten Familie zurück in die Provinz und will die Wiederaufnahme der Freundschaft. Doch die Zeiten, sie sind andere.
Thilo Krause streift aktuelle gesellschaftlichen Fragen des oftmals als abgehängt erklärten Ostens nur implizit. Seine Hauptfigur ist ein moderner Sinnsucher in Gestalt des natureuphorischen Romantikers. Wunderbare Gebirgs- und Wanderbeschreibungen durchziehen das Buch, immer wieder durchbrochen von Erinnerungen an die Spätphase der DDR und das heutige Ankommen in der Provinz. Als sich Krauses Hauptfigur langsam in eine Sackgasse aus Erinnerungslasten und demVerlust seiner engsten Liebsten manöviert, rollt ein Hochwasser die Elbe hinab auf das Dorf zu.
Doch es scheint noch einen Ausweg zu geben...
„Elbwärts“ verhandelt große Themen wie Freundschaft, Zugehörigkeit und biographische Brüche in einer sehr unaufgeregten Weise und ist zudem in einer sehr feinen poetischen Sprache geschrieben. tw

208 Seiten
€ 22,-

Christine Wunnicke. Die Dame mit der bemalten Hand

Berenberg Verlag
 
„Die Dame mit der bemalten Hand“ von Christine Wunnicke war dieses Jahr für den Deutschen Buchpreis nominiert und schaffte es bis auf die Shortlist. Und das zurecht. Große Themen wie Weltwahrnehmung, Welterklärungsmodelle sowie der jahrtausendealte Blick in den sternenübersäten Nachthimmel werden darin spielerisch und leicht verhandelt. Wunnickes Buch ist dazu ein sprachliches Kleinod, durchzogen von einer subtilen intelligenten Ironie. Worum geht’s? Der deutsche Mathematiker Carsten Niebuhr und der arabische Astronom Musa al-Lahuri treffen sich Ende des 18. Jahrhunderts unfreiwillig auf einer einsamen Insel im Randmeer des Indischen Ozeans. Während al-Lahuri dort nur ein wenig Ruhe sucht, widmet sich Niebuhr erfolglos der Erforschung biblischer Schauplätze und morgenländischer Gepflogenheiten. Nachdem er von einem Fieber vorerst von al-Lahuri geheilt wurde, sinnieren die beiden Wissenschaftler über die Welt, die Sterne, die Kunst des Erzählens selbst. Dabei reden sie nicht selten herrlich aneinander vorbei. Als schließlich die Engländer die Insel erreichen und Niebuhr mitnehmen, ist diese amüsante und amüsierende Schicksalsgemeinschaft auch schon wieder passé. Doch Niebuhrs später veröffentlichte Reisebeschreibungen fallen bald auch Musa al-Lahuri wieder in die Hände – als dieser gerade mit seiner Tochter die dümmsten Bücher der Weltgeschichte auswählt. Wunnickes klug konstruiertes Büchlein indessen gehört beileibe nicht dazu, vielmehr gehört es gelesen! tw
 
176 Seiten
€ 22,-

Isabelle Mayault. Eine lange mexikanische Nacht

Aus dem Französischen von Jan Schönherr
Rowohlt Verlag
 
2007 tauchte in New York der sogenannte „Mexikanische Koffer“ auf, in dem sich ca. 4.500 Negative mit Aufnahmen aus dem Spanischen Bürgerkrieg der Kriegsfotografen Robert Capa, David Seymour und der Kriegsfotografin Gerda Taro befanden.
Isabelle Mayault, die für ihre feministischen Reportagen bekannte französische Journalistin, erzählt in ihrem ersten Roman von der geheimnisvollen Reise dieses Koffers. Unbemerkt gelangt er in den politischen Wirren der Zeit von Europa nach Mexiko und wechselt dabei mehrmals den Besitzer, um dann Jahrzehnte später in New York wieder aufzutauchen. Mayault beschreibt mit einer ungewöhnlichen Leichtigkeit die sehr angespannte und komplexe gesellschaftliche und politische Lage, die in den 30er und 40er Jahren in Europa herrschte, und fängt damit dennoch gekonnt die Stimmung des Spanischen Bürgerkriegs ein. Ihre Geschichte und auch der Hauptcharakter Jamón sind geprägt von starken Frauen, die ihr eigenes Schicksal und damit auch das Schicksal der Welt in die Hand nehmen.
Mit ihrer weltoffenen und einfühlsamen Erzählweise hat Isabella Mayault es geschafft, für „Eine lange mexikanische Nacht“ mit dem Prix Ulysse du Premier Roman 2019 ausgezeichnet zu werden. hw

 
240 Seiten
€ 22,-

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