Romane
Richard Ford. Irische Passagiere
Aus dem Englischen von Frank Heibert
Verlag Hanser Berlin
„Das war typisch Maine, diese Aura von Ereignissen, die man gerade eben nicht mehr sehen konnte. Heimlich, aber eigentlich nicht geheim.“
Richard Ford lebt in Maine, und in seinem jüngsten, jetzt vierten Erzählungsband schärft er (wieder einmal) den Blick für die psychischen und moralischen Muster hinter den scheinbar glatt sich abspulenden Lebensläufen seiner konventionellen Figuren. Die meisten Mittelstandsamerikaner mit irischen Wurzeln, sind sie alles andere als in sich gekehrte, vom Leben gebrochene Charaktere. Sie geben durchaus gern etwas von sich preis, sind pragmatisch agierende Passagiere im eigenen Leben, die sich mit den anfallenden Gegebenheiten arrangieren wollen.
„Seiner Meinung nach passierten die meisten Ereignisse so, wie sie sollten.“
Eigentlich kann ihnen nicht viel passieren, in der breiten Spanne ihrer Lebensmitte. Profitable Berufe und abbezahltes Eigentum geben Sicherheit, „das Leben versuchte gut zu verlaufen“. Und dann passiert ihnen doch etwas: Ehescheidungen, Affären, überraschende Todesfälle, angeknackste Eltern-Kind-Beziehungen. Wie sie in die Wirren ihrer bürgerlichen Biografie geraten und sich dort einrichten, daraus leiten die Figuren nur jene Erkenntnisse ab, die ihre Gewissheiten nicht allzu sehr in Frage stellen. Schmerzen und Verluste stehen einer Lebensroutine gegenüber, an der sie oft mit einer coolen Unbedingtheit festhalten. Hauptsache weitermachen.
„Etwas geschieht und scheint das ganze Leben zu verändern, und dann raspelt sich alles zum erträglichen Maß zusammen.“
Richard Fords Kunst besteht gerade darin, seine Figuren in ihrem Weiter-so nicht nur mit kritischer Klarheit zu beleuchten. Über die Risse und Unwuchten in ihrer gut und situiert scheinenden Existenz schreibt er mit einer Zärtlichkeit und einem Blick des Mitgefühls, derer sie so sehr bedürfen. Als Leserin und Leser erfährt man nur ein Bruchstück ihrer Biografie, deren Kipppunkte und daraus resultierenden emotionalen Konsequenzen der Autor sprachlich meisterlich erfasst. Literatur, sagt Richard Ford, kann einen dazu bringen, sich mehr für das eigene Leben zu interessieren. Und es tröstlicher zu betrachten, möchte man nach diesem Buch hinzufügen.
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288 Seiten
€ 22,-
HELEN WOLFF. HINTERGRUND FÜR LIEBE
Anfang der Dreißigerjahre - in Deutschland sind Hitler und Hindenburg allgegenwärtig, als sich ein Paar aufmacht, den Sommer in Südfrankreich zu verbringen. Er, weltgewandt, selbstsicher, überlegen, Sie, seine 20 Jahre jüngere Geliebte, noch etwas unerfahren, verliebt und voller Vorfreude auf die gemeinsame Zeit. Doch schnell muss sie feststellen, dass ihrer beider Vorstellungen sehr voneinander abweichen, sie wird bevormundet, ihre Wünsche übergangen. Und so macht sie sich auf, ihren eigenen Weg zu finden und in einem kleinen, idyllischen Häuschen in Saint-Tropez ihre Träume zu verwirklichen...
Die Verfasserin dieses autobiographischen Romans, Helen Wolff, die als Verlegerin an der Seite ihres Ehemanns Kurt Wolff eine Legende wurde, hat ihre literarisches Werk zu Lebzeiten unter Verschluss gehalten. Ihre Großnichte Marion Detjen hat das mit dem Hinweis "At my death, burn or throw away unread" versehene Manuskript von "Hintergrund für Liebe" nun zur Veröffentlichung gebracht und mit einem umfangreichen, einordnenden Essay Versehen. Ein Glück für das Publikum, das nun in den Genuss dieser lebensfrohen, von Sinneseindrücken überbordenden Lektüre kommen, die ihre LeserInnen von Anfang an packt und in eine andere Zeit entführt. Ein wundervoller Roman, voller Intensität und Leichtigkeit! mk
216 Seiten
€ 20,-
NICOLAS MATHIEU. ROSE ROYAL
€ 18,-
Marko Martin. Dissidentisches Denken
Jami Attenberg. Nicht mein Ding
€ 22,00
JACKIE THOMAE. BRÜDER
Hanser Verlag
Mick und Gabriel kennen sich nicht und auf ersten Blick wirken sie grundverschieden. Aber sie sind Brüder, Halbbrüder. Ihr Vater, ein Austauschstudent aus Senegal, bleibt nicht. Er geht zurück, um sich erst vierzig Jahre später wieder zu melden.
Man liest begierig beider Geschichten, verfolgt ihren Weg bis zur Lebensmitte. Die Figuren gehen einem nah und werden zu Personen, die man näher kennenlernen möchte. Das ist nur eine der großen Stärken dieses Buches. Denn Thomae lässt auch Berlin wiederauferstehen, als es noch eine riesige Versuchsanordnung war, von vielen Glücksrittern bevölkert wurde und niemand etwas mit den Begriff Gentrifizierung anfangen konnte. Mick nämlich, ist einer dieser Glücksritter, zur richtigen Zeit (90er Jahre) am richtigen Ort (Berlin natürlich) lässt er sich durch sein Leben treiben, ohne Ziel aber mit viel Spaß dabei.
Gabriel dagegen arbeitet, sehr viel, irgendwann zu viel. Er macht eine beeindruckende Karriere in London und versucht sein Leben planvoll zu gestalten. Klar, dass das irgendwann schief geht, oder doch nicht?
Leichtfüßig und elegant geschrieben, dabei keine Klischees bedienend, ist hier eine Philanthropin am Werk, die ihr Handwerk versteht. Denn am Ende des Buches angelangt, zwickt es einem im Gemüt, da man Mick und Gabriel nun verlassen muss und man doch hofft, einen von ihnen an der nächsten Ecke zu treffen. hd
429 Seiten
€23,00
SIBYLLE LEWITSCHAROFF. VON OBEN
Bei einer Autorin, bei der Spott und Kontroverse so oft nah beieinander liegen, ist dies Buch verblüffend diskret und zart. Ich wünsche ihm viele Leser. Klaus Palme
€ 24,00
VALERIA LUISELLI. ARCHIV DER VERLORENEN KINDER
Kunstmann Verlag
€ 25,00
ALEXANDER OSANG. DIE LEBEN DER ELENA SILBER
Michael Lüders. Die Spur der Schakale
394 Seiten
€ 17,50
Yishai Sarid. Monster
176 Seiten
Ab April 2020 im Taschenbuch für € 12,00
STIG SÆTERBAKKEN. DURCH DIE NACHT
Dumont Verlag
Dieses Buch bleibt lange im Gedächtnis. Es ist eine Reise in die dunkelsten Gefilde der Seele.
Ein Mann, angetrieben vom Selbstmord seines Sohnes, driftet aus seinem saturiertem Dasein in eine existentielle Krise.
Die literarische Qualität des Textes ist hoch, Sæterbakkens Können offensichtlich. Der Text entfaltet eine Sogwirkung, der man sich nicht entziehen kann. Man begleitet den Protagonisten auf dieser Reise und wird dabei konfrontiert mit seinem Versagen, seiner Ehrlichkeit und seiner Selbstzerfleischung. Daneben erfährt man auch von den guten Zeiten und glücklichen Tagen, die mit einer solchen Zartheit und Grazilität erzählt werden, dass es einem fast das Herz zerreißt.
Es bleibt zu hoffen, dass auch die anderen Werke Sæterbakkens in Deutsche übertragen werden. hd
288 Seiten
€ 22,00
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