Archiv
Ulrich Raulff: Wiedersehen mit den Siebzigern. Die wilden Jahre des Lesens.
17.95 €
Michael Köhlmeier: Zwei Herren am Strand.
Dass bei der Lektüre dieses Buches über zwei Depressive der Leser nicht selbst vom schwarzen Hund angefallen wird, dafür sorgt die raffinierte Erzähltechnik Köhlmeiers. Er setzt nämlich einen äußerst unzuverlässigen Erzähler ein, dem man keinesfalls jedes Wort glauben sollte, zumal er oft aus recht dubiosen Quellen zitiert. Dies aber so überzeugend, dass man auch weiterhin an einen Essay mit dem Titel „Die Methode des Clowns" aus der Feder Adornos glauben möchte. Und schließlich wird Ihnen ein sicheres Mittel gegen Depression mitgeteilt, wie es schon Churchill praktizierte: Sie legen sich nackt auf ein großes Stück Papier und...
Aber lesen Sie selbst! gw
17.90 €
Raja Siekkinen: Wie Liebe entsteht.
"Ich kannte ihn schon, als er sich von seiner Familie trennte, und auch, als er sich von der Frau trennte, wegen der er seine Familie verlassen hatte." Oder: "Wir waren vier, und alle schon einmal geschieden. Wir saßen am dunkelroten Küchentisch und tranken."
Ein trauriges, sehr schönes (auch gestalterisch: feines blaues Leinen, Prägedruck) und sehr bewegendes Buch. Zehn Geschichten, die wie zehn Romane nachhallen, nicht mehr, nicht weniger. sg
16.90 €
Daniel Schreiber: Nüchtern
Daniel Schreiber gebührt große Anerkennung, dass er das Thema Trinken ganz nah zu uns holt, dass er sich mit viel Kraft und Ausdauer und ganz ohne Betroffenheitskult den Schatten gestellt hat, die Alkohol bewirken kann. Dem Klischee des Alkoholikers auf der Parkbank oder einer betrunkenen Jenni Elvers, stellt er einen ganz alltäglichen Menschen gegenüber, der süchtig wird: sich selbst. Daniel Schreiber hat einen scharfsinnigen Stil, er ist nie belehrend und immer aufrichtig. Diese Aufrichtigkeit und sein unverstellter Blick auf den eigenen Selbstbetrug, wie es ist, sich als Alkoholiker zu outen und vor allem nüchtern zu bleiben in einer Gesellschaft in der der Satz „Ich trinke nicht" verdächtig beäugt wird, machen dieses Buch absolut lesenswert. Ein Buch mit Happy-End und Ja! - auch für den Gabentisch, selbst wenn der Champagner bereits appetitlich im Glas perlt. tf
16.90 €
Ulf Erdmann-Ziegler: Und jetzt du, Orlando!
18.95 €
Aharon Appelfeld: Auf der Lichtung
Rowohlt Verlag
Aharon Appelfeld ist 1932 in Czernowitz geboren, im Alter von acht Jahren wurden seine Eltern umgebracht, er selbst in ein Lager verschleppt, aus dem er fliehen konnte. Er überlebt den Krieg in den ukrainischen Wäldern und als Küchenhilfe bei der Roten Armee, gelangt nach dem Krieg nach Palästina, erlebt die Gründung des Staates Israel und ist heute einer Ihrer berühmtesten und größten Schriftsteller. Ja, Sie haben recht: Das kann man sich kaum vorstellen, aber, es ist unsagbar wichtig, immer wieder an diese Dinge erinnert zu werden, sie sich erzählen zu lassen.
Das Trauma wird zum Überlebenstext und dieser ist so wahrhaftig wie zeitlos gültig, weil von einem geradezu biblisch hohen Ton und, fast traut man sich das Wort in diesem Zusammenhang nicht auszusprechen, klaren Schönheit.
In seinem neuen Roman „Auf der Lichtung", erzählt aus der Ich-Perspektive des siebzehnjährigen Gymnasiasten Edmond, schildert dieser das Leben, Kämpfen und Zusammenhalten einer Gruppe jüdischer Partisanen (vom Kind bis zur Greisin) in den Nordkarpaten zwischen 1942 und Kriegsende. Bis auf den Anführer scheint niemand an Gott zu glauben, aber wie schafft man es in einer solchen Situation nicht aufzugeben, zuallererst sich selbst?
Wie bezwingt man die „düsteren Gedanken"? Das große Wort, das alles wenden kann, selbst in einer Welt des Grauens, heißt: MENSCHLICHKEIT. Es lässt selbst hier noch Geborgenheit, Zusammenhalt, Hoffnung und den Glauben an eine Zukunft zu. Im Mittelpunkt des Romans steht Kamil, der Anführer der Gruppe, der selbst in dieser Welt des nackten Überlebens fest an so etwas wie „Kultivierung des Herzens" glaubt.
Appelfelds Kunst ist es, dies alles ohne Sentimentalität oder falsches Pathos, hoch literarisch zu erzählen, er verharmlost nichts und schafft das, was nur die besten Autoren können: mit einfachen Worten hinabreichen in eine Tiefe, da, wo man sonst eher selten berührt wird.
Nicht alle werden das Kriegsende auf dem Gipfel eines Berges, auf den sich die Gruppe aus strategischen Gründen zurückgezogen hat, erleben, und Edmunds Worte am Ende: „Tief in mir fürchte ich mich vor dem Abstieg." lassen ahnen, dass nichts zu Ende ist, niemals.
Ein Buch für jede Generation. sg
320 Seiten
19.95€
Ludwig Laher: Bitter
Es ist im wahrsten Wortsinn eine "bittere" Geschichte, die der österreichische Schriftsteller Ludwig Laher in seinem Roman "Bitter" schildert. Er handelt vom Lebensweg des für seine Brutalität und berechnende Grausamkeit bekannten Gestapo-Chefs der Wiener Neustadt und Massenmörders von Charkow.
In Anbetracht des Themas überrascht einiges an diesem schmalen, klugen Buch: Laher versucht nicht, die Psyche seiner Friedrich (Fritz) Bitter benannten Hauptfigur zu ergründen oder dessen Handlungsweisen nachzuvollziehen. "Bitter ist das gewissenhaft zusammengetragene Produkt von Dokumenten und Zeugnissen". Laher nimmt sich dabei die Freiheit, Fiktion und Wirklichkeit nebeneinander zu stellen. Als Erzähler formuliert und kommentiert er salopp, ist parteiisch, vor allem aber satirisch-sarkastisch im Tonfall.
Zum einen liegt in dem dadurch ausgelösten Lachen Befreiung vom Grauen der geschilderten Ereignisse, zum andern läßt dieses bittere Lachen Autor und Leser nicht in Betroffenheit und Ohnmacht verfallen. Es ermöglicht ein Umgehen, auch mit den noch folgenden Unzumutbarkeiten der Realität: Bitter hat im wirklichen Leben, bis zu seinem Tod Ende der fünfziger Jahre, mit seiner Argumentation, stets nur Befehlsempfänger gewesen zu sein, äußerst gut und mit ruhigem Gewissen gelebt.
Ludwig Lahers Re-Konstruktion dieses spießbürgerlich durchschnittlichen Lebens eines Dr. Fritz Bitter ist in jeder Hinsicht an- und aufregend! Dem Wallstein Verlag sei auch für die sehr gelungene Gestaltung des Titelbildes gedankt.mc
19.90€
Gaito Gasdanow: Ein Abend bei Claire
1930 erschien im Pariser Exil dieser erste Roman Gaito Gasdanows. Da war er 26 Jahre alt und teilte das Schicksal seines introvertierten, feinnervigen Romanhelden Kolja Sosedow. Mit 16 Jahren kämpfte dieser freiwillig mit der Weißen Armee im russischen Bürgerkrieg auf einem Panzerzug. Nicht weil er an deren Sieg glaubte, er ging in den Krieg „ohne Überzeugung, ohne Enthusiasmus, einzig aus dem Wunsch, im Krieg neue Dinge zu erblicken und zu begreifen, die mich vielleicht zu einem anderen Menschen werden ließen."
Der Tod und die Liebe sind die Pole dieses Romans. Der frühe Tod des Vaters und zweier Schwestern haben Koljas „seelischen Tastsinn" narkotisiert, seine unglückliche Liebe zu Claire seine innere Katastrophe besiegelt. Er überlebt alle Angriffe auf Leib und Seele und findet Claire Jahre später in Paris wieder. Eine Liebesnacht wird zur „Suche nach der verlorenen Zeit".
Gasdanows Prosa ist Musik. Gasdanows Prosa ist Intensität. Gasdanows Prosa ist Schmerz.
Gasdanows Prosa ist das reinste Glück.
Und Claire? Ein Traum?
Man muss dieses Buch lesen, zweimal, dreimal, immer wieder. Es ist eine der radikalsten und wuchtigsten Leseerschütterungen dieses Frühjahrs. Ganz große Weltliteratur! sg
17.90€
Katja Petrowskaja: Vielleicht Esther
hr Urgroßvater Ozjel leitete eine Taubstummenschule wie viele der Geschwister und Nachkommen. Mit Hilfe eines einfachen
Stiftes ließ er die Kinder „spü Katja Petrowskaja, in Kiew geboren in eine jüdisch/sowjetisch/russische Familie - nur wenige Mitglieder sitzen noch am Familientisch.
„Vielleicht Esther" ist kein Familienroman, es sind Geschichten,in denen Katja Petrowskaja auf Vergangenheits- und Erinnerungssuche geht, Wörter werden zu Wegweisern „wie viele Jahre steckten diese Sätze in mir bis ich sie hörte", fragt sie sich. Haarnadeln der Großmutter, ihre im hohen Alter und schon fast erblindet hingekritzelten, übereinander geschriebenen Blätter werden zum Ariadnefaden des Erinnerns. Katja Petrowskaja recherchiert, sucht in Archiven, Listen, Suchmaschinen, sie reist nach Warschau und Auschwitz, Linz und Mauthausen, zur verschütteten Schlucht von Babij Jar bei Kiew, um die Lücken zu füllen. Katja Petrowskaja, deren Muttersprache russisch ist, kam mit ihrem Mann 1999 nach Berlin, sie schreibt deutsch, ihre Sprache ist leicht, bildhaft, manchmal ironisch, hellhörig für versteckte Bedeutungen, den so nie gedachten zweiten, anderen Sinn eines Wortes.
Sie wird sehr konkret und dokumentarisch wenn sie die Verkaufskioske vor den Toren von Auschwitz beschreibt oder ihren Weg nach Babij Jar. Iren, wie aus der Zunge Sprache entsteht." Für seine Urenkelin ist Sprache, deutsch, zur Wünschelrute für ihre Suche geworden, mit ihr gibt sie den Verschwundenen Gesicht und Geschichte und uns einen besonderen Blick auf ein verschweigendes Jahrhundert. rg
19.95€
Anthony McCarten: funny girl
Azime ist eine junge, moderne, emanzipierte Londonerin. Soweit das eben möglich ist, wenn man als Zwanzigjährige noch bei seinen Eltern wohnt, die einzige Tätigkeit, die man ausüben darf ein langweiliger Bürojob im väterlichen Möbelgeschäft ist und die Familie einen potentiellen Ehemann nach dem anderen präsentiert, damit man nicht als alte Jungfer endet.
Durch Zufall entdeckt die eigensinnige junge Kurdin in der Stand-up-Comedy-Szene ein Sprachrohr für sich; schnell erlangt sie als neue „Sensation" einige Aufmerksamkeit. Doch nicht nur ihre eigene traditionell eingestellte Familie fühlt sich von ihren Auftritten provoziert; bald erreichen Azime erste Morddrohungen...
Mitreißend und voller Empathie schildert McCarten den Kampf seiner liebenswerten Heldin um Eigenständigkeit und Emanzipation. Er führt dem Leser die alltägliche Realität und Paradoxie muslimisch geprägter Parallelgesellschaften in modernen Großstädten vor Augen, wobei auch die Themen „Ehrenmord" und Terroranschläge nicht ausgespart bleiben.
In diesem hochpolitischen Roman wird auch ganz nebenbei eines deutlich: Die Kraft des Humors könnte so manch fest betonierte Diskussion lockern und auf neue Wege führen.
Fesselnde Lektüre, die nachwirkt!! mf
21.90€
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