Zum Hauptinhalt springen
Telefon 030-841 902-0  |  Montag bis Freitag: 10.00 - 18.30 Uhr | Samstag: 10.00 - 16 Uhr

LUKAS BÄRFUSS

VATERS KISTE. EINE GESCHICHTE ÜBER DAS ERBEN
Rowohlt, 95 Seiten,
€18,-

DIE KRUME BROT
Rowohlt, 256 Seiten
€ 22,-

„Meine Herkunft bleibt ungewiss. Ich könnte darüber nicht glücklicher sein.“ stellt Lukas Bärfuss am Ende seines literarisch-essayistischen Textes VATERS KISTE fest, der sich mit dem Erben im ökonomischen und soziologisch-psychologischen Sinne auseinandersetzt.
Fünfundzwanzig Jahre nach dem Tod seines Vaters, der schon zu Lebzeiten abwesend war, öffnet Bärfuss eine von ihm geerbte Bananenkiste, die Zeugnisse eines Lebens in Armut enthält. Auch ihm sind die Mahnungen und Schuldscheine aus eigener Erfahrung bekannt und zeigen, wohin sein Leben hätte führen können. Die eigene erfolgreiche Entwicklung sieht Bärfuss in seinem Mangel an Erbschaft begründet, der ihm die Freiheit gab, sich selbst zu erfinden und ihn weder geistig noch finanziell fesselte – obwohl, wie er bemerkt, auch sein Vater ein Geschichtenerzähler gewesen sein muss, der im kleinen Berner Oberland immer wieder Mitmenschen überreden konnte, ihm Geld zu leihen. Von dieser Position aus stellt Lukas Bärfuss das gesamte Konzept des Erbens infrage, das hauptsächlich reichen Gesellschaften vorbehalten ist, und erweitert den Begriff auf die Umwelt, die wir unseren Kindern hinterlassen, den Müll im wörtlichen wie übertragenen Sinn. Dabei schlägt er spannende Kapriolen, die zum Nachdenken anregen, ob man mit ihm übereinstimmen mag oder nicht.
In seinem neuen Roman DIE KRUME BROT lassen sich diese Gedanken wiederfinden.
Adelina, das vermeintlich unbegabte Kind italienischer Einwanderer in der Schweiz, findet sich in den 1970er Jahren als alleinerziehende Mutter wieder, die trotz harter Arbeit immer am Rande des Abgrunds balanciert. Damit steht sie in der Tradition ihrer Familie, deren Väter ihre Kinder aus unterschiedlichen Gründen stets als Enttäuschung oder Belastung empfanden. Wie Adelina versucht, sich und ihre Tochter aus diesem Teufelskreis zu lösen, beschreibt dieser Roman, der wie das Essay keine einfachen Lösungen bietet. Christina Mathioszek