CLEMENS J. SETZ MONDE VOR DER LANDUNG

Suhrkamp Verlag
528 Seiten
€ 26,-
Das Abseitige ist Clemens J. Setz nie fremd gewesen. In seinen Prosawerken und Essays setzte er sich unter anderem mit parawissenschaftlichen Phänomenen oder Plansprachen auseinander. So erstaunt es zunächst, dass sein jüngster Roman in einem eher klassisch historischen Panorama angesiedelt ist. Schauplatz ist das Worms einige Jahre nach dem 1. Weltkrieg. Unter den redlichen Bürgern des Rheinstädtchens befindet sich auch Peter Bender. Der glaubt nicht an das knapp 400 Jahre geltende Kopernikanische Weltbild. Für Bender lebt die Menschheit im Inneren einer Kugel. Die Erdmasse wölbe sich also auf einer konkaven Oberfläche um einen Himmel aus Füllgas. Die Hohlerdentheorie findet eine überschaubare Anzahl an Anhängern, die Bender mühselig um sich scharrt. Seine Frau Charlotte verfolgt indes lieber pragmatischere Ansätze der Familienversorgung – und ist deutlich hellsichtiger als Bender. Denn: die Inflation rollt an und nationalistische Stimmen gewinnen an Gewicht. Bender redet die zunehmende Repression gegen seine jüdische Ehefrau klein. Bis die ersten jungen Männer in SA-Hemden durch Worms patrouillieren. Bender muss nun den Realitäten ins Auge blicken. Clemens Setz hat einen kenntnisreichen, gut recherchierten Roman geschrieben. Einer, der durch seine hintergründig ironische Haltung, seine sprachliche Originalität und nicht zuletzt durch seine historische Anschaulichkeit besticht. Tristan Wagner