Callan Wink. Big Sky Country

Suhrkamp Verlag
Aus dem amerikanischen Englisch von Hannes Meyer
Ein Paar sitzt in der Abendsonne am See und einigt sich auf den Namen des Sohnes, der bald geboren werden wird. August soll er heißen, wie der Monat. So beginnt der Debütroman namens „Big Sky Country“ des jungen US-amerikanischen Autors Callan Wink. Eine Szene vollkommener Idylle.
Schon auf den nächsten Seiten aber wird klar: Die Ehe ist in die Brüche gegangen, Augusts Vater hat eine Affäre, seine Mutter versucht es mit Lichtnahrung. Alle drei wohnen sie aber noch auf der gemeinsamen Farm in Michigan. August wächst dort heran, doch zieht dann im Jugendalter mit der Mutter nach Montana, ins Big Sky Country. Nach der Highschool verdingt er sich als Hilfsarbeiter auf Bohrinseln und Bauernhöfen, während seine Mutter ihn lieber auf dem College gesehen hätte. Beim alten Farmer Ancient irgendwo im Niemandsland des Mittleren Westens wird er schließlich ansässig. August merkt jedoch bald, dass um ihn herum tiefere Konflikte schwelen. Warum wird Ancients Freundin Kim verleumdet? Warum stehen Schilder mit neurechten Parolen säuberlich arrangiert um das Haus seines Saufkumpels? Und will er diese alten Geschichten wirklich wissen? Eigentlich ist er doch nur hierhergekommen um sich mit körperlicher Arbeit zu betäuben. Um die Ereignisse des letzten Highschooljahres zu vergessen, über die er nicht sprechen kann.
Winks Roman erzählt nicht nur die Geschichte eines heranwachsenden Mannes mit all der Wirrnis, die die Adoleszenz mit sich bringt. Er erzählt auch die wechselvolle Geschichte Amerikas Ende des 20. Jahrhunderts auf sehr beiläufige wie präzise Weise. Die Bush-Ära, der 11. September, der Irakkrieg und das sich wandelnde Klima sind da einige prägnante Stichworte.
Auch sprachlich hat das Buch viel zu bieten. Wink komponiert sowohl scheinbar belanglose Dialoge und mechanisierte Arbeitsabläufe als auch prächtige Landschaften, Wetterlagen und furiose Szenen des Exzesses. Vor allem aber – und das macht den Roman aus – zeigt Wink, wie alle Vorstellungen und Handlungen, die August in seiner von verhärteten Männern bevölkerten Lebenswelt erlernt und übernommen hat, ihm nicht die Erfüllung bringen, nach der er sich sehnt. So sehr er es auch durch Einsamsein, Arbeiten, Trinken und Prügeln versucht. Anders als bei Hemingway oder Bukowski jedoch wird dieser Typus Mann nicht heroisiert. Vielmehr verkündet Wink dessen Abgesang.
Auf nachfolgende Werke des jungen Autors darf man daher durchaus gespannt sein. Tristan Wagner
320 Seiten
€ 24