Zum Hauptinhalt springen
Telefon 030-841 902-0  |  Montag bis Freitag: 10.00 - 18.30 Uhr | Samstag: 10.00 - 16 Uhr

Dmitrij Kapitelman. Russische Spezialitäten

Hanser Berlin

Er erzählt von seiner Familie, „Wiedergutmachungsjuden“, die Mitte der 90er aus Kiew nach Leipzig kamen, dort ein „Magasin“ mit russischen Spezialitäten eröffnen, Vater, Mutter und Sohn und rundherum, Ira und Jakob, die russisch-gastronomisches ins Bild bringen zwischen Pelmeni, getrocknetem Fisch, Wodka, Weißkrautsalat und Speck mit Knoblauchrand.
Kapitelman erzählt mit liebenswertem Sarkasmus und poetischer Luftigkeit von Ereignissen, die die Familien spalten. Sind die Toten auf den Straßen von Butscha Schauspieler? Nein, das sind ein paar „Spezialoperationen“! Es gibt viele Stimmen in dem jüdisch-moldawisch-ukrainischen Familiengeflecht – spricht man russisch oder ...? Vor allem die Mutter lebt im „Fernsehrussland“ und knurrt gegen die Ukrainer, die das Land zerstören. Nun muss der Autor nach Kiew, ins Kriegsgebiet, fahren und sich ein Bild machen. Und das wird furchtbar: „Seit der Invasion habe ich das Gefühl, kein richtiger Mensch mehr zu sein. Die unerträglich sinnlose Tragödie, die Russland in mein Geburtsland gebracht hat, ich blende sie aus, um in meinem friedlichen, vom dummen Glück okkupierten Leben zu funktionieren.“
Wie ein Lebensmittelladen zum Sehnsuchtsort werden kann in einer Alptraumwelt – Kapitelman erzählt, dass man zwischen Seufzen, Lachen, Aufatmen und Kopfschütteln mit dem Umblättern nicht aufhören kann, bis „Mama“ mit ihrer absoluten Bevorzugung des russischen Wetterberichtes im russischen Fernsehkanal einen dazu bringt, das Zimmer zu verlassen, das Buch nur für kurze Zeit beiseite zu legen. Wann kommt das nächste Kapitel vom lachend-weinenden Kapitelman? Helmut Ruppel

183 Seiten
23€